
Inhaltsverzeichnis
Editorial
“Das vergangene Jahr hat uns gezeigt, wie wichtig robotische Hilfen bei Katastrophen sind“
Dirk Aschenbrenner
Vorstandsvorsitzender
Liebe Leserinnen und Leser,
Unter widrigen Bedingungen im Einsatz bestmöglich agieren – das kennzeichnet die Arbeit von Feuerwehren und Hilfsorganisationen. Dies erfordert viel: Bereitschaft, Training, Technologie. Das vergangene Jahr hat uns allen gezeigt, dass dies für uns alle in gewisser Weise zutrifft. Genau diesen Punkt haben wir uns zu Herzen genommen und kontinuierlich und unbeirrt am Aufbau des Deutsches Rettungsrobotik-Zentrums gearbeitet. Heute kann ich sagen, dass wir viel erreicht haben: Unser Netzwerk ist gewachsen, vieles ist (an)fassbar geworden und hat in unserem Living Lab einen Kulminationspunkt gefunden.
Unser Living Lab wird helfen, Technologie für den Einsatz unter widrigen Bedingungen nutzbar zu machen. Bei vielen digitalen Anwendungen zeigt sich: Der Sprung in die Anwendung in der „analogen“ Welt kann tückisch sein. Neue Technologien brauchen Test- und Versuchsmöglichkeiten wie unser Living Lab mehr denn je – nur so können wir voneinander lernen.
Mit Freude sehe ich, wie unser Kompetenzzentrum wächst und viele, ursprünglich auf dem Papier gezeichneten, Ideen Formen annehmen – wir im Team mit Begeisterung und dem Willen, Einzigartiges zu schaffen, zusammenwachsen und das Thema Rettungsrobotik einen immer größeren Stellenwert gewinnt.
Mit diesem Newsletter möchten wir Ihnen einen kleinen Einblick in unser Herzstück – das DRZ Living Lab – geben, Ihnen unsere helfenden Roboter vorstellen und Sie über technische Entwicklungen informieren.
Lassen Sie sich für das Thema Schutz und Rettung von Leben mit Hilfe von Robotiksystemen begeistern.
Ihr

Dirk Aschenbrenner
Neues aus dem Verein
Das Herzstück des Vereins ist das sogenannte Living Lab. Mit der virtuellen Eröffnung im Januar wurde der Grundstein für reale Tests für Rettungsrobotik gelegt.
Aufbau des Living Labs
Seit September 2020 ist das DRZ mit dem Aufbau des Living Labs beschäftigt. Auf 1.300 m2 Hallenfläche wurden eine Werkstatt, Arbeitsbereiche für Forscher, leistungsfähige Netzwerkinfrastruktur sowie ein sogenanntes Motion Capture System eingerichtet. Ein Außengelände mit momentan ca. 3.500m² Nutzfläche schließt sich direkt an.
Im Living Lab können unterschiedliche Szenarien für Boden- und Luftroboter anhand von modularen Testfeldern nachgestellt werden. Durch qualifiziertes Personal können Feldversuche konzipiert, durchgeführt oder begleitet werden. Einige Testflächen wurden in der zweiten Jahreshälfte 2020 bereits errichtet und mehrfach genutzt. Viele Informationen zum Living Lab finden Sie im Logbuch auf unserer Seite www.rettungsrobotik.de/Living-Lab-logbuch
3 Fragen an Robert Grafe – Geschäftsführer DRZ – zum Living Lab
Wie sollen die Testflächen zukünftig genutzt werden?
Wir bauen hier am Standort in Dortmund ein interdisziplinäres Kompetenzzentrum auf, das unter anderem zum Ziel hat, umfassende Test und Versuchsinfrastruktur für Forscher, Entwickler und die späteren Anwender bereitzuhalten. Das kann zum Beispiel eine nachgebaute Industrieanlage sein, in welcher sich der Roboter orientieren, eine Leckage entdecken und z.B. ein Ventil schließen muss.
Wie und von wem können die Testfelder genutzt werden?
Über die offene Struktur unseres Kompetenzzentrums als eingetragener Verein zielen wir auf eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit unseren Vereinsmitgliedern ab. Das Living Lab steht Forschungseinrichtungen, Unternehmen und Behörden zur Verfügung und kann nach Absprache genutzt werden. Die Versuche werden stets durch unser Personal begleitet.
Wie können robotische Systeme in Zukunft eingesetzt werden?
Im Grunde zu unterscheiden sind aus meiner Sicht unbemannte Flugsysteme, die sich insbesondere für Erkundungs- und Suchaufträge gut einsetzen lassen. Wenn es um manuelle Tätigkeiten geht, sehen wir eher Bodenroboter, z.B. kettengetriebene Fahrzeuge. Hier bieten sich Transportaufgaben an großen Einsatzstellen, Einsätze mit gefährlichen Stoffen und durchaus auch Brandbekämpfungen in größeren (Industrie)komplexen oder durchaus auch bei Waldbränden an. Grundsätzlich ist hier die Entwicklung aber weniger weit vorangeschritten. Grundsätzlich sehen wir mobile Roboter nicht als Ersatz, sondern als Entlastung für Einsatzkräfte in Szenarien, die besonders gefährlich oder zeitraubend sind.
![]() | Internes aus dem VereinBereits seit letztem Herbst hat das DRZ zwei weitere Bereiche aufbauen können. |
Hallenmeister und Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Unser technischer Mitarbeiter, Dennis Balkon, hat sich seit seinem Start im September hauptsächlich mit der Ausstattung unseres Living Labs beschäftigt. Unglaublich, was in kurzer Zeit in einer leeren, 1.300 m2 großen Halle entstanden ist. Beispielsweise ein Testfeld mit dem Namen “Detektion Hausfassade”. Dieses Testfeld besteht aus einem verschiebbaren Grundgerüst mit einer Hausfassade, die möglichst viele unterschiedliche Fassaden und Fenstertypen bietet. Die begehbare Rückseite gibt Möglichkeiten, Menschen, Dummys und Wärmequellen erkennen zu können.
Nils Heidemann baut als wissenschaftlicher Mitarbeiter die technische Infrastruktur des Living Labs auf. Zum Start im Oktober 2020 durfte er direkt den Einbau und die Inbetriebnahme unseres einzigartigen Motion-Capture-Systems mit begleiten. Dabei wurden 40 Kameras in der Halle installiert. Verwendet werden soll das System, um Roboter (UAV’s und UGV’s) zu tracken und deren genaue Position in der Halle zu ermitteln. Diese Information können die Anwender dann direkt aus der Software erhalten. Darüber hinaus wird Nils unsere Demonstratoren warten und mit zusätzlichen Funktionen bestücken.
Aufbau Schulung und Ausbildung
Zum Jahresstart haben wir unser Team noch einmal vergrößert. Michael Dalbert ist Betriebswirt und war zuvor über 20 Jahre in leitender Funktion für die beiden größten deutschen privatwirtschaftlichen Anbieter von Aus- und Fortbildungen für BOS-Einsatzkräfte tätig. Ziel ist der Aufbau eines DRZ-Schulungszentrums. Dort werden künftig Aus- und Fortbildungen, sowie Trainingsprogramme im breiten Spektrum der Rettungsrobotik angeboten. Starten werden wir mit Themen rund um den Betrieb von unbemannten Luftfahrtsystemen.
Dennis Balkon Nils Heidemann Michael Dalbert
Neues aus dem Projekt
In dieser Rubrik berichten wir heute über Ausbildung mit dem Schwerpunkt Robotik und über das Thema Zertifizierung und Normung
Berufsbilder der Zukunft – Wie werde ich Experte für Rettungsrobotik?
Über Berufe in der Zukunft wird viel geschrieben. Welche Jobs gibt es noch, und was arbeitet man dann dort? Für junge Menschen ist die Frage dabei wichtig, was muss ich heute lernen, damit ich später einen guten und sinnvollen Beruf habe. Schaut man sich dabei die aktuellen Entwicklungen insbesondere im Bereich der Feuerwehren an, fällt auf, dass auch hier moderne Digitaltechnik Einzug hält.
Immer häufiger liest man von Einsätzen mit Löschrobotern und Drohnen. Es gibt also auch hier eine starke Tendenz zur Digitalisierung. Treiber der Digitalisierung sind technische Berufe, insbesondere natürlich die Informatik. Die Robotik und im gleichen Atemzug immer dabei die Künstliche Intelligenz sind zwei Teilgebiete innerhalb der Informatik. Beides sind sogenannte Querschnitttechnologien d.h. um sie zu beherrschen, braucht man solides Grundwissen aus der Informatik. Ein erster solider Schritt hin zum Experten für Rettungsrobotik geht zum Beispiel über eine Ausbildung oder ein Studium im Bereich der Informatik. Neben den wesentlichen Grundlagen der Informatik haben fast alle Hochschulen und Universitäten auch innerhalb der Informatik Robotik Schwerpunkte. Im zweiten Teil eines Studiums lässt sich durch Belegung von Wahlpflichtmodulen im Bereich der Robotik und der künstlichen Intelligenz so auch gleich Expertise im Bereich der Robotik erwerben. Wer mehr praktisch orientiert ist, wählt hier die Hochschulen und wer an akademischen Weihen interessiert ist, wählt die Universitäten.
Besonders interessant und beliebt sind hier die sogenannten „dualen Studiengänge“ bei denen sich eine Ausbildung und ein Studium miteinander kombinieren lassen. Während das duale Studium im Bereich der Wirtschaft schon sehr populär ist und viele Hochschulen duale Studiengänge gemeinsam mit Unternehmen anbieten, so hinkt hier die öffentliche Verwaltung mit dem Verwaltungsrecht hinterher. Aktuell sieht das Verwaltungsrecht keine duale Ausbildung als Feuerwehrmann und z.B. Informatiker vor – obwohl die Hochschulen den Weg bereits vorgedacht haben. Hier muss dringend nachjustiert und modernisiert werden. Trotzdem lassen sich auch schon während des Studiums die Kenntnisse im Bereich Rettungsrobotik erwerben.
Die Partner des Deutsches Rettungsrobotik-Zentrums, insbesondere die Westfälische Hochschule in Gelsenkirchen und die Fachhochschule Dortmund, bieten gemeinsam mit dem Deutschen Rettungsrobotik-Zentrum umfangreiche Veranstaltungen für Studierende an. Auch die Universitäten, beispielsweise die TU Dortmund, die Universität Bonn, die TU Darmstadt und die Universität Lübeck, haben grundlegende Vertiefungen im Bereich der Rettungsrobotik. Die Universität Lübeck hat sogar einen eigenen Studiengang dazu eingerichtet. Auch an anderen Hochschulen und Universitäten in Deutschland gibt es viel Interesse im Bereich der Rettungsrobotik und auch einige Projekte dazu. Hier lohnt es sich, jeweils auf den Webseiten der Hochschulen/Universitäten zu schauen.
Arbeit im Robotik-Leitwagen
Roboter, die in der Rettung eingesetzt werden sollen, sind bezüglich ihren Mobilität und ihren Fähigkeiten für die Forschung besonders interessant, da die Einsätze und Umgebungen einige Herausforderungen und Gefahren bereithalten.
Zertifizierung und Normung – ein wichtiges Thema
Ein wesentlicher Bestandteil der Minimax Viking Kooperation mit dem Konsortium und dem DRZ besteht in der Entwicklung von Zertifizierungsgrundlagen für Roboteranwendungen. Stefanie Quast erklärt, warum das so wichtig ist.
Alle Produkte in unserem Alltag durchlaufen beim Hersteller Prüfungen, damit diese für die bestimmungsgemäße oder vorhersehbare Verwendung sicher sind. Weitere Prüfungen können von externen Laboren vorgenommen werden. Dies dient zum einen dazu, auf Prüfapparaturen zurückzugreifen, die im Unternehmen des Herstellers nicht vorhanden sind (z.B. ein spezielles Testlabor für die elektromagnetische Verträglichkeit). Zum anderen erlaubt eine darüber hinaus gehende Qualitätsstufe dem Hersteller ein Zertifizierungsunternehmen mit den Prüfungen seines Produkts gemäß anerkannten Standards und Richtlinien zu beauftragen.
Eine solche zertifizierte Prüfstelle ist beispielsweise das Technische Prüflabor des VdS, das seit 112 Jahren die Zuverlässigkeit von Feuerlöschtechnik in Europa prüft. Nur welche Stelle prüft zukünftig auf Basis welcher Normen und Richtlinien einen Gefahrenabwehrroboter, für den Regeln der Technik erst jetzt im Rahmen der Forschung entstehen? Ähnliche Fragestellungen beschäftigen die Industrie und die Öffentlichkeit beispielsweise auch in Hinblick auf selbstlernende Algorithmen oder das Ubiquitous Computing, bei dem kleinste, drahtlos miteinander vernetzte Computer, in immer mehr Alltagsgegenstände Einzug halten.
Ziel des Anwenderarbeitspakets zur Normung und Zertifizierung ist also über modulare technische Baupläne und Softwarecode hinaus, auch ein Vorgehen zur Zertifizierung der Roboter zu entwickeln. Ebenso, wie bei den technischen Aspekten wird hierbei ein modularer Aufbau angestrebt, sodass entsprechend der Gefahrensituation (z.B. Waldbrand, Gefahrstoffunfall, Industriebrand) diese Roboter zuverlässig funktionieren. Umfangreiche Forschung ist deshalb entscheidend, da diese Aufgabe wesentlich komplexer ist als einen Roboter für eine spezifische Anwendung (z.B. Rasenmäher) sicher zu testen. Erfolgsentscheidend für Rettungsroboter sind:
+ Skalierbare Szenarien, die nah an Real- und Extrembedingungen sind
+ Nicht nur qualitative Kriterien (Aufgabe erfüllt?), sondern insbesondere quantitative Kriterien (In welcher Zeit, in welchem Temperaturbereich oder bei welchen Sichtverhältnissen erfüllt?) sind im realen Einsatz unabdingbar
+ Neben der Teleoperation sind autonome und teilautonome Roboter einzubeziehen.
Zusammen mit dem Arbeitspaket zum Aufbau von Testfeldern im DRZ bildet das Arbeitspaket Zertifizierung eine gemeinsame Einheit.
Abb. 1 Abb. 2
Abb. 1 – Der D4-Rettungsroboter wurde von der Fachhochschule Dortmund in enger Zusammenarbeit mit der Minimax Viking Research & Development entwickelt. Die Fahrplattform kann mit unterschiedlichen Nutzlasten ausgestattet werden, so dass beispielsweise das eigens vom Robotik-Team entwickelte Lösch- und Detektionsmodul aufgesetzt werden kann.
Abb. 2 – Der D3-Roboter wurde vom Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie in Wachtberg entwickelt. Er kann Personen sicher abtransportieren und ist äußerst geländegängig.
Virtuelle Eröffnung & Anwenderworkshop
Mit knapp 200 Anmeldungen war unser DRZ-Event sehr gut besucht und das anschließende, durchweg positive Feedback zeigte, dass wir ein interessantes Programm zusammengestellt hatte.
Die Rettungsrobotik-Tage bilden ein neues Format für verschiedene Veranstaltungen rund um das Deutsche Rettungsrobotik-Zentrum und das Thema Rettungsrobotik. In Workshops, Wettbewerben und Vorträgen werden Roboter erprobt, Erfahrungen und Ideen ausgetauscht und somit Forschungsergebnisse näher an die Praxis gebracht. Die Rettungsrobotik-Tage waren bereits für das Jahr 2020 geplant, mussten leider durch die COVID-19 Pandemie auf 2021 verschoben werden. Sie sollen in den kommenden Jahren fortgesetzt werden und bilden so ein festes Format im Kompetenzzentrum.
Den Start der Rettungsrobotik-Tage bildeten eine virtuelle Eröffnung des DRZ Living Labs sowie ein anschließender Anwenderworkshop am 28.01.2021. Knapp 200 Anmeldungen belegten das große Interesse an dieser Veranstaltung. Die Moderation der Veranstaltung übernahm Dr. Hauke Speth, Leitender Regierungsbranddirektor und Abteilungsleiter des IdF NRW. Neben Grußworten des Vorstandes DRZ, richtete die Referatsleitung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), Frau Sabine ten Hagen-Knauer, ein paar Worte an die Teilnehmer. Mit der Einrichtung des Living Lab sei ein wichtiger Meilenstein erreicht, sagte sie. Deutschland solle zu einem führenden Anbieter der Rettungsrobotik werden.
Im anschließenden Anwenderworkshop informierten Vertreter von Projektpartnern aus der Industrie und der Wissenschaft über boden- und luftgebundene Robotersysteme. Dazu berichteten Anwender über ihre Erfahrungen. Die fast vierstündige Veranstaltung hat das große Interesse am Thema Rettungsrobotik einmal mehr deutlich gemacht.
Neue Mitglieder
Seit unserem letzten Newsletter im Juli 2020 konnten wir 6 neue Mitglieder für den Verein gewinnen. Generell bieten wir unseren Mitgliedern den Austausch und die Vernetzung mit unseren Partnern, die Nutzung unserer einzigartigen Infrastruktur und vieles mehr.
Insgesamt zählt der gemeinnützige Verein Deutsche Rettungsrobotik-Zentrum zurzeit 21 institutionelle Mitglieder. Sie unterstützen mit ihrer Kompetenz und ihrem Fachwissen die gemeinnützigen Vereinszwecke als nationales Kompetenzzentrum für Rettungsrobotik. Darüber hinaus schaffen Mitglieder Synergien auch für das eigene Unternehmen, beispielsweise durch den Austausch über neueste Entwicklungen und Trends in Forschung, Entwicklung und am Markt verfügbare Technologien sowie Einblicke in die laufenden Ergebnisse unseres Forschungsprojekts.
Die Mitgliedschaft steht allen Organisationen offen, die das Vereinsziel – die Verbreitung von Rettungsrobotik zu fördern – teilen. Das Augenmerk liegt auf Einsatzkräften, Unternehmen, Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Behörden und Verbänden. Darüber hinaus können auch natürliche Personen eine Netzwerkmitgliedschaft beantragen. Weitere Informationen zum Verein und zu Mitgliedsbeiträgen finden Sie im Aufnahmeantrag unter: www.rettungsrobotik.de/der-verein/Mitglied-werden/
Neue Mitglieder sind:
+ Dräger Safety AG & Co. KGaA
+ Berliner Feuerwehr
+ B&T Solution
+ Feuerwehr Bad Homburg FB 37
+ Eurocommand
+ Ernst Rehfuss Werkzeugbau GmbH
Rettungsrobotik – Technische Entwicklung
Das Modularisierungskonzept des Fraunhofer FKIE zeigt die Einzigartigkeit der Forschung im Verbundprojekt

Was bedeutet Modularisierungskonzept?
In der aktuellen Standardsituation im Bereich Robotikforschung werden Bodenroboter üblicherweise zwar mit ähnlichen Technologien betrieben und bestückt, jedoch ist die Ausstattung oftmals fest auf einem Robotersystem eingerüstet und unflexibel an den jeweiligen Robotertyp, einen speziellen Einsatzzweck oder auf besondere Rahmenbedingungen des Projekts angepasst. Projektübergreifende Kompatibilität von Robotersystemen verschiedener Organisationen ist extrem selten, aber auch beim Einsatz mehrerer Roboter innerhalb desselben Projektes sind diese oftmals nicht als austauschbar bestückbare Systeme konzipiert.
Ein wesentliches technisches Arbeitsziel von FKIE besteht in der Entwicklung eines plattformübergreifenden Modularisierungskonzepts für die Bodenroboter des DRZ sowie in der begleitenden Betreuung zur exemplarischen Umsetzung auf verschiedenen Robotersystemen. Eine gemeinsame Modularisierung wird dabei in erster Linie als technischer Kondensationspunkt für die Vereinfachung der partnerübergreifenden Zusammenarbeit an den Robotersystemen angestrebt. Darüber hinaus wird hierdurch innerhalb des DRZ auch der Grundstein für die Vergleichbarkeit und Standardisierung von funktionell trennbaren Gruppen geschaffen. Weitere Vorteile liegen aus Anwendersicht dabei auch in der dynamisch flexiblen Bestückungsmöglichkeit der Roboter im Einsatz und aus wirtschaftlicher Sicht in der Vermeidung von Hardware-Dopplung und vereinfachtem Austausch und Wartung.
Der Kerngedanke des Modularisierungskonzepts für DRZ-Bodenroboter besteht in der funktionsgetriebenen und technisch-räumlichen Kapselung der Einzelsysteme in drei Hauptbestandteile: Mobilitätsplattform, Modulträger und als wechselbare Module ausgeführte spezifische Einsatznutzlasten (Abb. X). Die Mobilitätsplattform beherbergt hierbei die Antriebssysteme für die Fortbewegung und stellt gleichzeitig die Energiequelle für das Gesamtsystem dar. Der jeweils auf eine Mobilitätsplattform spezifisch angepasste Modulträger dient als Kompatibilitätsschicht und bindet plattformseitig alle zu integrierende Sensorik und Aktorik auf mechatronischer Ebene an. Darüber hinaus stellt dieser softwareseitig die Anbindung relevanter Komponenten an die im Forschungsumfeld gebräuchliche Robotik-Middleware ROS (Robot Operating System) her, welche auch im DRZ als Bestandteil des Modularisierungskonzepts standardmäßig verwendet wird. Modulseitig stellt der Modulträger vereinheitlichte und durch das Modularisierungskonzept festgelegte mechanische und elektrische Schnittstellen für die wechselbaren Module zur Verfügung. Hierbei ist der Modulträger auch für das technische Modulmanagement im Sinne der Detektion und Identifikation von Modulen in den zugehörigen Modulträgerslots zuständig. Die Module selbst unterliegen dabei einem vereinheitlichten Basis-Formfaktor und verfügen über eine geeignete Datenverarbeitungs- bzw. Auswertungs- und Rechenkapazität. Durch den synchronisierten Betrieb über ein logisches Modulmanagement stellen die Module dem Gesamtsystem ihrerseits ihre Funktionalität über definierte ROS-Nachrichten zur Verfügung. Um den unterschiedlichen Größenanforderungen diverser Einsatzmittel Rechnung tragen zu können, werden von den Modulträgern optional auch eingeschränkt ganzzahlige Vielfache des Basis-Formfaktors als Modulgröße unterstützt.

Abb. X: Veranschaulichung des Modularisierungskonzepts auf Basis einer technischen Planungsskizze des D3 (links) und vier Skizzen möglicher Bestückungskonfigurationen des als Convertible-H geplanten D3-Modulträgers (rechts)
Nach Diskussion und Abstimmung des Initialkonzepts mit allen Verbundpartnern erfolgte in der zweiten Entwicklungsphase die detaillierte Ausarbeitung des Modularisierungskonzepts im Bereich mechatronischer Struktur- und Schnittstellenspezifikation sowie im Bereich Softwareschnittstellen und logischer Kommunikationsarchitektur. In der dritten Phase wurden das erstellte Modularisierungskonzept schrittweise erfolgreich in die exemplarische Realisierung von Hardware und Software anhand der DRZ-eigenen Demonstratoren D3 (Abb. A2) und D4 (Abb. A3) überführt. Die Austauschbarkeit von vereinheitlichten DRZ-Modulen verschiedener Partner und deren Betriebsfähigkeit auf den beiden modultragenden Plattformen des DRZ wurden exemplarisch bei Integrationstests verifiziert. Die Projektarbeit erfolgt nun gemäß der vierten Phase des Iterations- und Revisionsprozess um Verbesserungen vornehmen und auf die wachsende DRZ-Infrastruktur reagieren zu können.

Abb. A2 Kommerzielle Mobilitätsplattform vor Umbau und Anpassung durch FKIE als D3 (links oben), aufgebauter Modulträger des D3 in Convertible-H-Ausführung (links unten) und mit DRZ-Modulen verschiedener DRZ-Partner ausgestattetes Gesamtsystem bei einem Integrationssprint am zentralen Standort des DRZ in Dortmund

Abb.A3: Der vom DRZ-Partner Fachhochschule Dortmund entwickelte Demonstrator D4 bei gemeinsamen Integrationstests mit FKIE (links), funktionell in Mobilitätsplattform, Modulträger und Module zerlegt (mittig) und u.a. mit Löschmittelgroßmodul und Applikatormodul ausgerüstet (rechts)
Mit der Entwicklung und Gestaltung eines plattformübergreifenden Modularisierungskonzepts wurde im Themengebiet Rettungsrobotik für das DRZ der Grundstein für die Vereinfachung gemeinsamer Arbeiten an einem kombinierten Mehr-Robotersystem über Partner- und Plattformgrenzen hinweg gelegt. Die Auftrennung in Mobilitätsplattform und Einsatznutzlast sowie die Vereinheitlichung in Modulbauweise ermöglichen auf lange Sicht eine einfache Teilhabe aller technischen Partner an den modultragenden Robotersystemen des DRZ. Die Wiederverwendung von Teilkomponenten und die Möglichkeit entsprechende Robotersysteme einsatzflexibel zusammenstellen zu können, begünstigen hierbei deren praktischen Einsatz. Angesichts der zunehmenden Anzahl von neuen DRZ-Mitgliedern, neuverfassten technischen Anforderungen, ausspezifizierten Einsatzszenarien und Planung weiterer DRZ-Module bleiben die zukünftigen Aktivitäten im Bereich Modularisierung eine spannende und hochdynamische Herausforderung. Die fortlaufende praxisorientierte Weiterentwicklung der anwendungsnahen robotischen Systeme und des Modularisierungskonzepts im Gebiet der Rettungsrobotik sind wichtige Bestrebungen für die Zukunft.
Enthüllung RobLW
Das große Interesse der Fach-, Regionalpresse und Fernsehen bei der Enthüllung unseres einzigartigen Robotik-Leitwagens zeigt, dass das Thema Rettungsrobotik den Puls der Zeit trifft.
Enthüllung des Robotik-Leitwagens
Ein großes Ereignis für das Deutsche Rettungsrobotik-Zentrum fand im September vergangenen Jahres statt. Die Enthüllung unseres Robotik-Leitwagens war ein voller Erfolg. Pressevertreter und geladene Gäste verfolgten mit Spannung die Enthüllung des Leitwagens. Passend zum Anlass übergab unser Roboter “D2” symbolisch einen überdimensionalen Schlüssel an DRZ-Vorstandsmitglied Thomas Straßmann. Der RobLW wurde als Forschungsfahrzeug entwickelt. Solche Spezialfahrzeuge für Robotereinsätze sind bislang weder in der Forschung noch bei den Feuerwehren üblich. Der Leitwagen bietet sowohl Transportkapazität für das Fachpersonal als auch für Roboter samt Zubehör und jede Menge Technik. Darüber hinaus können vom Inneren aus die Roboter bedient werden – ganz gleich, ob am Boden oder in der Luft. Dabei werden die gewonnen Daten überwacht und ausgewertet und bei Bedarf verteilt. Der Robotik-Leitwagen ist Teil des Gesamtprojektes, welches vom Bundesminesterium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert wird.

Meilenstein- und Verbundtreffen
Halbzeit im Projekt – Zeit die gesetzten Meilensteine mit dem Träger des Projektes VDI-TZ zu überprüfen und vorzustellen.
Zweimal im Jahr treffen sich alle Verbund- und assoziierten Partner mit dem Projektträger
Am 02./03. Dezember 2020 stand ein besonderes Treffen auf dem Plan, denn zusätzlich zum vierten Verbundtreffen fand der Meilenstein im Projekt Aufbau des Deutschen Rettungsrobotik-Zentrums, welches vom BMBF gefördert wird, statt. Zusammen mit allen Projekt- und assoziierten Partnern wurden die vielzähligen Ergebnisse vorgestellt. Selbstverständlich in Zeiten der Pandemie mit einer Online-Veranstaltung.
Der erste Tag dieser wichtigen Projekttreffen beinhaltete den so genannten Meilenstein, indem der Projektträger mithilfe einer Checkliste die erreichten Ergebnisse der einzelnen Partner zu den definierten Meilensteinen prüfte. Gleichzeitig stellt der Meilenstein auch die Halbzeit des vier Jahre geförderten Projekts dar. Zur Zufriedenheit aller Beteiligten verkündete der VDI-TZ, dass alle Meilensteine erfüllt sind.
Am zweiten Tag wurden die Detailergebnisse im Projekt vorgestellt und auf Nachfrage des Projektträgers erläutert und diskutiert. Die frühe Annahme, dass das Verbundtreffen wieder rein virtuell stattfinden würde, hatte eine ausreichende Planung von Alternativen zu einer Präsenzveranstaltung ermöglicht. Eine Alternative, die ohne eine Zusammenkunft von Mensch und Technik die praktischen Fortschritte im Projekt darstellen sollte. Ein im Konsortium gedrehter Szenariofilm war hier das Aushängeschild für die Anwendung der Technologien im Einsatz. Ebenso gab es viele spannende Videos der einzelnen Partner, die ihre Fortschritte in Soft- als auch Hardwaretechnik zeigen konnten. Mithilfe einer Liveübertragung gab es einen Rundgang im DRZ Living Lab, sowie eine Demonstration zur Robustheit von einsatzrelevanten Kommunikationssystemen unter Einfluss von Störsignalen.
Der Szenariofilm zeigte eindrucksvoll die Zusammenarbeit aller technischen Systeme in einem nachgebildeten Feuerwehreinsatz, ausgelöst durch einen Chemieunfall in einer Industriehalle. Dies sind nur einige der Errungenschaften des Verbundtreffens:
Das Modularisierungskonzept wurde zum ersten Mal in der Praxis gezeigt. Die unterschiedlichen Sensoriken können mithilfe einer Modulbauweise von unterschiedlichen Robotern genutzt werden. Das Erkennen und grafische Darstellen von Vitalparametern eines Menschen mithilfe des Lebenszeichenmoduls wurde erstmalig in der Praxis gezeigt. Ebenso konnte in einer nachgebauten Einsatzumgebung die autonome Hindernisüberwindung von Drohnen und Bodenrobotern mittels Erstellung eines 3D Umgebungsmodells gezeigt werden. Auch softwareseitig wurden Fortschritte aufgezeigt. Dazu gehören eine erste stabile Version des digitalen Lagebildsystems, sowie eine eindrucksvolle Vorführung des Sprachassistenzsystems zur automatischen Spracherkennung und semantischen Aufgabengenerierung für robotische Systeme aus dem Funkverkehr von Feuerwehr und Rettungsdienst.
Die DRZ Roboter
Tür auf für unsere Roboter!
Anhand eines Steckbriefes stellen wir unsere kleinen und großen Demonstratoren mit ihren technischen Details und Fähigkeiten vor.





Ausblicke
Hier geben wir einen Ausblick auf kommende Veranstaltungen und wichtige Termine des DRZ
Öffentliche Termine
- vorauss. Ende April – Legislation Workshop – Rechtssicherer BOS-Einsatz nach Einführung der EU-Drohnenverordnung 2020/21 (in Planung)
- 24.05.-27.05.2021 – RoboCup Rescue German Open 2021 – DRZ Edition
- 28.05.2021 – Offizielle Eröffnung Living Lab & Wissenschaftliches Symposium im Rahmen der Rettungsrobotik-Tage
- Herbst 2021 – Anwenderworkshop
Vereinstermine
- 29.04.2021 – Virtuelles Verbundtreffen
- Frühjahr 2021 – Präsidiumssitzung/Mitgliederversammlung
Aufgrund der Corona-Pandemie wurden leider viele Termine und Veranstaltungen verschoben.
In unserem nächsten Newsletter erwarten Sie wieder spannende Themen. Wir werfen schon mal einen Blick auf die Interschutz 2022 und berichten natürlich über unsere offizielle Eröffnungsfeier im Mai. Bleiben Sie informiert!
Verantwortlich für den Inhalt des Newsletters:
Deutsches Rettungsrobotik-Zentrum e.V.
Öffentlichkeitsarbeit
Rohdesdiek 32
44357 Dortmund
Bei Fragen oder Anmerkungen, schreiben Sie uns einfach eine E-Mail an: presse@rettungsrobotik.de